12. Mai 2005

Kapitalisten und Heuschrecken

„Manche Finanzinvestoren fallen wie Heuschreckenschwärme über Unternehmen her, grasen sie ab und ziehen dann weiter!“ erklärte der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering der verblüfften Nation am 17. April 2005. Mit diesem Vergleich wurde viel Schaden angerichtet und eine hitzige Kapitalismusdebatte sowohl im Inland als auch auch im Ausland entfacht.

Zwischenzeitlich sind eine Vielzahl von deutschen Top-Managern in die Offensive gegangen und haben sich zu Wort gemeldet. Die Vorstände einiger DAX-Unternehmen wehren sich gegen eine pauschale Diffamierung durch die Münteferingsche Kapitalismuskritik. Sie warnen vor Übertreibungen und fordern eine sachliche Diskussion. „Undifferenzierte Polemik oder Polarisierung hilft uns nicht weiter“, erklärt der RWE-Chef Harry Roels.

Die Folgen der Globalisierung und der wachsende Druck der Investoren um werden jedoch durchaus kritisch gesehen. Das System der Marktwirtschaft darf aber trotz dieser unglücklichen Diskussion nicht zur Disposition gestellt werden und damit auch nicht der primäre Zweck eines Unternehmens, nämlich Gewinn und Profitabilität sicherzustellen.

Müntefering hatte den Streit vor drei Wochen mit Verbal-Attacken auf die „wachsende Macht des internationalen Kapitals“ angezettelt. Er legte dann nochmal mit einer Liste von Finanzinvestoren nach, die angeblich gesunde deutsche Firmen nach Heuschrecken-Art überfielen und ausschlachteten. Die Debatte erreichte seinen Höhepunkt, als der Münchner Historiker Michael Wolffsohn Münteferings Äusserungen mit Parolen aus der Nazizeit verglich.

Man darf jedoch nicht ausser Acht lassen, dass die Kritik im Kern auch ihre Berechtigung hat. Viele fürchten heute auf Grund der fortschreitenden Globalisierung um ihren Arbeitsplatz und ihren sozialen Status. Manager müssen Ressourcen, und dazu gehören auch die Mitarbeiter, in wirtschaftlichen Nutzen für das Unternehmen transformieren, haben aber auch gleichzeitig gesellschaftliche Verantwortung. Dieser Spagat ist in Zeiten wie diesen sehr schwer. Es ist auch in Einzelfällen festzustellen, das das von den Investoren neu eingesetzte Management in der Regel wenig bis Nichts von der realwirtschaftlichen Seite des Unternehmens, also von Produkten, Kunden und Konkurrenten, von Forschung und Entwicklung, Logistik, Produktion Qualität, Marketing, Vertrieb und auch IT versteht. Im Steigern des Shareholder-Value sind sie jedoch Experten. „Ein solches Management muss vom Prinzip her innovations- und investitionsfeindlich sein, sonst können die finanzwirtschaftlichen Wertsteigerungsziele nicht in der vorgegebenen Zeit erreicht werden.“ stellt Fredmund Malik vom Management Zentrum St. Gallen richtigerweise fest. So mancher CIO, der in den letzten 24 Monaten seinen Sessel räumen musste, wird dies nur bestätigen können. Im Übrigen bin ich der Meinung, das wir in diesem Lande uns nicht in Polemik verlieren sollten und es trotz Allem keinen Grund gibt das System der freien Marktwirtschaft einzuschränken. Es gibt noch viel, sehr viel, zu tun – packen wir es an!  

Wolfgang Franklin
Vorsitzender des Vorstandes
cioforum e.V.

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