5. Dezember 2005

Outsourcing führt in die Sackgasse?

Mitunter schaue ich nach der Lektüre des einen oder anderen Fachartikels in Zeitungen und Magazinen auf den Kalender um auch ganz sicher zu sein, dass es nicht der 1. April ist. Warum fragen Sie? Mit dem gleichen Erstaunen wie seit dem Tage, an dem mir als Kind erklärt wurde, dass man am 1. April alles darf, vor allem sagen darf, versuche ich einzuschätzen ob das soeben Gelesene nicht doch für den April vorgesehen war.

Sie kennen das doch: Man muß nur versuchen möglichst viele Leichtgläubige zu finden die einem das ernsthaft vorgetragene glauben, denn mit der Anzahl der Gläubigen steigt die (Schadens-)Freude. Und das macht uns dann Spaß. Mit Spaß hat es jedoch nichts mehr zu tun, wenn CIOs und IT-Manager mit Ratschlägen und Empfehlungen versehen werden, die einen unweigerlich auf den Kalender blicken lassen. So geschehen dieser Tage. Outsourcing führt in die Sackgasse! habe ich in großen Lettern lesen dürfen. Man müsse nur lange genug – wie auch immer – sourcen, dann ist es bald mit der eigenen Kernkompetenz vorbei. Unter Berufung auf das Beratungsunternehmen TPI wird uns gleich im Anschluss erklärt, dass im Jahre 2005 fünfzehn Outsourcing-Verträge mit einem Volumen grösser 1 Millarde Dollar unterschrieben wurden/werden. Das das nicht unbedingt der Befreiungsschlag verzweifelter IT-Manager sein muss, wird Gott sei Dank noch vermutet. Es wird uns aber sogleich der Verdacht nahegelegt, dass man dadurch die besten Leute aus dem eigenen Haus vertreiben und sich lediglich der eigenen Problembereiche entledigen will. Ein wohlgemeinter Ratschlag lässt dann auch nicht lange auf sich warten: So was rächt sich über kurz oder lang – finanziell oder in der Leistung.

Und genau sieben Monate zuvor lese ich an gleicher Stelle, dass genau in diesem Vorgehen eine Riesen-Chance für den CIO steckt. Auch andere Abteilungen wie Einkauf, Finanzen und Logistik werden viele ihrer Aufgaben abtreten müssen. Und nochmal zwölf Monate früher meint der Autor ermittelt zu haben, das jeder sechste CIO plant, IT-Aufgaben in Billiglohnländer zu verschieben und das – man höre und staune – Bedenkenträger am Aussterben seien. Einer scheint überlebt zu haben. Was also wird er in zwölf Monaten schreiben? Das Outsourcing der Königsweg ist? Wundern würde es mich nicht.

Aber jetzt Spass beiseite, wir befinden uns ja erst im Dezember, bis zum April dauert es noch ein Weilchen. Wer sich weissmachen lässt, dass er mit konsequentem Outsourcing zwangsläufig in die Sackgasse fährt ist schlecht, sogar sehr schlecht beraten. Sicherlich sind in der Vergangenheit oftmals die Erwartungen an ein Outsourcing-Projekt in vielerlei Hinsicht nicht erfüllt worden, aber da müssen sich die Auftraggeber auch mal an die eigene Nase fassen. Ich bin der Meinung dass die CIOs und IT-Entscheider zwischenzeitlich genau wissen, was, wo und wieviel sie outsourcen können und müssen und welcher Zeitbedarf, Kapital-, Service-, Planungs- und Managementaufwand vonnöten ist, damit es dann auch einen positiven Effekt auf der betriebswirtschaftlichen und vielleicht auch im Business Process Management hat. Outsourcing kann Kosten sparen – muss es aber nicht.

Sparen ist (k)eine Strategie habe ich vor achtzehn Monaten an dieser Stelle geschrieben. Ob Sie das k nun mitlesen hängt einzig und allein von den Gegebenheiten in Ihrem Unternehmen ab. Es gibt kein Universalrezept oder gar den Königsweg. In Zeiten wie diesen wird auch im Strassenbau oftmals eine Einbahnstrasse in eine Schnellstrasse verwandelt. Lassen Sie sich deshalb nicht verwirren. Das Beispiel der deutschen Automobilindustrie verdeutlicht, dass durch Outsourcing ganzer Produktionsteile eine starke Zulieferindustrie entstanden ist. Diese hat sich durch wachsende Spezialisierung und Innovationsfähigkeit dauerhaft etabliert. Das Gesamtvolumen dieses Industriezweiges liegt heute bei rund 57 Milliarden Euro, wobei der Anteil der Eigenproduktion am fertigen Auto durchschnittlich nur noch bei 25 Prozent liegt.

Fällen Sie in Ihren Unternehmen die Outsourcing-Entscheidungen selbst. Und wenn Sie auch nur Teile auslagern, werden Sie die Effizienz steigern können. Aber halten Sie es mit Peter Drucker: Machen Sie die richtigen Dinge und machen Sie die Dinge richtig!

Wolfgang Franklin
Vorsitzender des Vorstandes
cioforum e.V.

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